Polestar 3 Dual Motor im Alltagstest: Der Versuch sportlich zu sein

Nach dem Polestar 2 folgt, wenn auch etwas verspätet, der Polestar 3. Er bringt viele vielversprechende Neuerungen mit, darunter Torque Vectoring, die nächste Generation von Android Automotive und erstmals in einem Polestar ein Bowers & Wilkins Soundsystem mit Dolby Atmos. Nach unserem ersten Eindruck in Bad Tölz hatten wir nun die Gelegenheit, den Polestar 3 in der Variante Dual Motor Long Range eine Woche lang ausführlich zu fahren.
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- 1 tl;dr: Im Kern gut, nur zu spät dran?
- 2 Videobericht:
- 3 Design: Schwedisch elegant?
- 4 Innenraum: Viel Klavierlack, viel Platz
- 5 Infotainment: Google Automotive x Polestar
- 6 Fahrassistenz: Ziemlich gut und sicher
- 7 Reichweite & Verbrauch: Groß, größer, aber wenig effizient?
- 8 Sportlich, aber Verbrauch zu hoch?
tl;dr: Im Kern gut, nur zu spät dran?
Der Polestar 3 Dual Motor zeigt sich im Test als hochwertiger Elektro-SUV mit starkem Design, beeindruckender Fahrdynamik und moderner Software inklusive Android Automotive. Besonders das Bowers & Wilkins Soundsystem und das minimalistische Interieur gefallen, auch wenn die Klavierlack-Elemente im Alltag schnell an Wertigkeit verlieren. Die Ladeleistung von maximal rund 250 kW wirkt angesichts der Konkurrenz etwas aus der Zeit gefallen. Dennoch liefert der Polestar 3 in Summe ein überzeugendes Gesamtpaket. Durch den günstigeren Einstiegspreis im Vergleich zum Volvo EX90, mit dem er sich die Plattform teilt, könnte er für viele die attraktivere Wahl sein.
Videobericht:
Design: Schwedisch elegant?
Das Design des Polestar 3 wirkt kraftvoll, reduziert und durchdacht. Klare Linien, eine doch eher muskulöse Silhouette und markante Lichtsignaturen vorn wie hinten verleihen dem SUV eine futuristische, aber gleichzeitig skandinavisch-schlichte Optik. Besonders auffällig ist das aerodynamisch geformte Dach samt Luftleitelement, das Technik und Design elegant verbindet. Die flächenbündigen Türgriffe und das durchgehende Hecklicht unterstreichen den modernen Premium-Anspruch, ohne aufdringlich zu wirken. Insgesamt gelingt Polestar hier ein eigenständiger Auftritt, der sich sichtbar vom Volvo-Design abgrenzt und dennoch zur Konzernsprache passt.
- Bild: TechnikNews
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Innenraum: Viel Klavierlack, viel Platz
Im Innenraum zeigt sich der Polestar 3 modern, aufgeräumt und hochwertig verarbeitet. Besonders negativ fällt jedoch der übermäßige Einsatz von Klavierlack auf, vor allem in der Mittelkonsole und an den Türverkleidungen. Gerade dort, wo man im Alltag häufig hinfasst, ist dieses Material fehl am Platz. Es verkratzt schnell, zieht Fingerabdrücke magisch an und wirkt schon nach kurzer Nutzung weniger edel.
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Abgesehen davon bietet der Innenraum großzügig Platz für alle Passagiere und überzeugt mit durchdachter Ergonomie. Der 14,5 Zoll (ca. 37 cm) große Infotainment-Touchscreen im Hochformat erinnert an Volvo-Modelle wie den EX30 oder EX90 und fügt sich nahtlos in die Designphilosophie der Marke ein. Im direkten Vergleich wirkt das quer ausgerichtete Display im Polestar 4 fast schon widersprüchlich.
Soundsystem Bowers & Wilkins
Im Polestar 3 feiert das neue Bowers & Wilkins Soundsystem sein Debüt und setzt dabei neue Maßstäbe. Es handelt sich um ein Dolby Atmos System mit einer Leistung von 1.610 Watt und insgesamt 25 Lautsprechern. In Kombination mit der Doppelverglasung und speziellem Audioglas entsteht eine außergewöhnlich ruhige Kabine, die ideale Voraussetzungen bietet, um Musik über den hochwertigen Streamingdienst Tidal in Dolby Atmos zu genießen. Erst dann entfaltet das System seine volle Klanggewalt. Über einen umfangreichen Equalizer und den Abbey Road Studiomodus lässt sich der Klang zudem individuell anpassen.
- Bild: TechnikNews
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Ich habe bereits viele Fahrzeuge getestet und unterschiedlichste Soundsysteme im Alltag erlebt. Bisher galt für mich das Bowers & Wilkins Diamond Surround System in BMW-Modellen als Referenz. Doch das muss ich nun revidieren. Als jemand, der sich selbst als halb-Audioenthusiast bezeichnen würde, kann ich mit Überzeugung sagen, dass man im Polestar 3 (gegen Aufpreis) eines der besten, wenn nicht sogar das derzeit beste Soundsystem im Markt bekommt. Das nahezu identische System im Volvo EX90 klingt übrigens noch ein kleines bisschen besser, was vermutlich an der etwas größeren Innenraumkabine liegt.
Optional bekommt man im Polestar 3 wohl ab Modelljahr 2025 (wir haben Modelljahr 2024 getestet) eine aktive Geräuschunterdrückung durch das Bowers & Wilkins System, welche die Fahrgeräusche noch mehr kaschieren dürfte.
Infotainment: Google Automotive x Polestar
Das Infotainment im Polestar 3 basiert auf Google Automotive und überzeugt mit einem aufgeräumten, intuitiven Design, das Polestar mit eigenen stilistischen Akzenten ergänzt hat. Neben den gewohnten Google-Diensten wie Google Maps und dem Google Assistant bietet das System auch eine Performance-App, mit der sich unter anderem G-Kräfte und Beschleunigungswerte von 0 auf 100 messen lassen. YouTube, Amazon Prime Video sowie die gängigen Musikstreaming-Dienste sind ebenfalls verfügbar.
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Im Google Play Store finden sich mittlerweile auch einfache Spiele wie Angry Birds, die für Unterhaltung während der Ladepause sorgen. Insgesamt läuft das System flüssig und zuverlässig, wie man es von einem Google-basierten System erwarten würde. Besonders hervorzuheben ist die weiter optimierte Ladeplanung.
Dank eines Ladeanbieter-Filters lassen sich bevorzugte Anbieter wie Aral Pulse gezielt auswählen. Die Navigation berücksichtigt diese Präferenz und plant Ladepausen, sofern möglich ausschließlich an diesen Stationen. Angesichts der aktuellen Tarifsituation und des unübersichtlichen Preisniveaus bietet das eine praktische und geldsparende Option im Alltag.
Fahrassistenz: Ziemlich gut und sicher
Polestar legt auch bei den Fahrerassistenzsystemen großen Wert auf Komfort und Sicherheit. Bereits serienmäßig sind zahlreiche Assistenten an Bord, die im Alltag unterstützen und das Fahren entspannter machen. Wer sich für das optionale Pilot Pack entscheidet, erhält zusätzlich einen adaptiven Tempomaten mit Stop-and-Go-Funktion, einen Spurhalteassistenten, eine 360-Grad-Kamera sowie den Autobahnassistenten, der teilweise automatisiertes Fahren ermöglicht. Die Bedienung all dieser Funktionen erfolgt intuitiv über das zentrale Touchdisplay oder alternativ über die gut erreichbaren Tasten am Lenkrad.
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Insgesamt ergibt sich eine ausgewogene Mischung aus moderner Touchbedienung und klassischer Haptik. Allerdings sollte man beachten, dass auf den Lenkradtasten keine Beschriftung der jeweiligen Funktionen vorhanden ist, wir können nur hoffen, dass Polestar dies beim nächsten Modelljahreswechsel einführt. Denn obwohl die erkannten Funktionen dann im Cockpitdisplay angezeigt wurden, kam es doch häufig mal zu Fehleingaben.
Der Lenkassistent arbeitet sauber mit starken Lenkkorrekturen, er schaffte selbst stärkere Kurven ohne Probleme. Es bleibt ein Level 2 Fahrassistent, dennoch könnte der Polestar 3 mit dem optional erhältlichen Luminar LiDAR System bestimmt Level 3 erreichen. Nur das bleibt zumindest in Europa erstmal noch ein weiter Weg. Die 360-Grad-Kamera hat eine gute Auflösung und einen weniger großen Fischaugeneffekt wie noch beim Polestar 2. Einen automatischen Park-Assistent gibt es nicht.
Reichweite & Verbrauch: Groß, größer, aber wenig effizient?
Der Polestar 3 beeindruckt mit seiner großen Batterie und einer offiziell angegebenen Reichweite von bis zu rund 610 Kilometern (WLTP) auf dem Papier ein starkes Argument. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass der Verbrauch bei zügiger Fahrweise oder auf der Autobahn schnell ansteigt. Werte um die 25 bis 28 kWh/100 km sind keine Seltenheit, was die tatsächliche Reichweite deutlich unter den WLTP-Wert drückt. Wer viel Langstrecke fährt, muss trotz der großen Akkukapazität häufiger an die Ladesäule, als man es vielleicht bei einem SUV dieser Klasse erwarten würde. Das sollte man auf jeden Fall beachten.
Ladeleistung: Schnell, aber nicht Spitzenklasse
Beim Laden spielt der Polestar 3 seine 250 kW DC-Ladeleistung an geeigneten HPC-Säulen aus, womit sich der Akku unter Idealbedingungen in etwa 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent füllen lässt. Das ist flott und reicht für entspannte Pausen auf der Autobahn, liegt aber leicht unter den Topwerten der Konkurrenz. AC-seitig sind serienmäßig leider nur 11 kW möglich, was für das Laden über Nacht an einer Wallbox ausreicht. Auf der Langstrecke unterstützt eine zuverlässige Routenplanung mit Ladeempfehlungen, sogar mit einem Ladeanbieterfilter seitens Google Maps. Diese hat in unserer Testzeit ohne Probleme funktioniert.