Smart #3 Premium im Test: Der Benz ohne Stern

Der Smart #3 ist nach dem #1 der zweite vollelektrische Smart seit Neugründung der Marke mit rein elektrischem Portfolio. Ganz weit weg von den einstigen Ur-Smarts, den Königen der Parkplatzsuche, springt Smart nun auf den SUV-Trend auf und bietet seinen Kunden sportliche E-Autos mit deutsch-chinesischem Know-How. Wie sich der zweite Wurf von Smart im Alltag schlägt, habe ich zwei Wochen lang ausführlich getestet.
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Fazit
Der Smart #3 Premium startet bei 48.490 €, dafür bekommt man ein Elektroauto für Freunde des sportlichen, elektrischen Fahrens und umfangreicher Ausstattung. Insbesondere das Design und die Verarbeitung sind bei Smart sehr positiv hervorzuheben.
Nimmt man den #3 etwas genauer unter die Lupe, fallen jedoch einige Mankos auf, die nicht sein müssen. Insbesondere die Fahrassistenzsysteme sind zwar vom Fahrverhalten her auf einem guten Level, verursachen aber immer wieder in den gleichen Situationen sehr unglückliche Fehler. Auch an dem Infotainmentsystem muss Smart noch arbeiten, zu vieles lässt sich nur sehr umständlich und wenig nutzerorientiert bedienen. Im Smart #3 steckt Mercedes drin – allerdings fehlt der Stern.
Mercedes-Optik mit Smart-Logo
Exterieur
Dass bei Smart neben der chinesischen Firma Geely auch Mercedes-Benz zur Hälfte das Sagen hat, fällt bei einem Blick auf das Exterieur schnell auf. Das runde Design und die Lichtsignaturen in der Front und im Heck erinnern sehr stark an die elektrischen Mercedes-Modelle und machen einen sehr schicken Eindruck.
Einen sehr spacigen Touch verleihen dem Smart die 19 Zoll großen „Torque“ Leichtmetallfelgen. Die rahmenlosen Türen büßen zwar etwas Geräuschkomfort im Vergleich zu herkömmlichen Türen ein, wirken dafür aber ebenfalls sehr schick.
- Bild: TechnikNews
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Interieur
Der Innenraum des #3 lässt sich in verschiedenen Farbkombinationen konfigurieren. Das Testfahrzeug hat die Ausstattung „Dark Matter“ mit schwarzen Sitzen und einer weißen Mittelkonsole. Letztere besteht zwar aus Hartplastik, sieht aber optisch gut aus. Die Sitze und die Türverkleidungen sind mit Echt- und Kunstleder bezogen und mit hochwertig anmutenden Ziernähten versehen.
Zu einem echten Highlight mit dem #3 werden Fahrten bei Nacht. Dann kommt das mehrfarbig einstellbare Ambientelicht zum Vorschein, welches hervorragend in den Innenraum integriert wurde. Simple LED-Stripes waren den Designern von Smart nicht genug: Auch die Lautsprecher und Lüftungsdüsen sind in LED-Elemente eingefasst, die dem Fahrzeug bei Nacht einen tollen Look verleihen.
Bereits in der kleinsten Ausstattungslinie „Pro“ verfügt der Smart #3 über eine dreistufig einstellbare Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer. Auffällig ist hier, dass sich diese nach etwa 10 Minuten von selbst abschaltet, als ob das Auto den Fahrer bzw. Beifahrer ermahnen will, Energie zu sparen. Doch da ist das Auto sogar im Unrecht: Mit Sitzheizung und kühlerer Lufttemperatur zu fahren ist immer effizienter, als ohne Sitzheizung und wärmerer Luft. Eine etwas irritierende Funktion.
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Bedienkonzept
Der Smart #3 verfügt über ein zentrales 12,8 Zoll großes Hauptdisplay und ein 9,2 Zoll Fahrerdisplay. In der Premium-Version kommt noch ein 10 Zoll großes Head-Up-Display hinzu. Ergänzend zu dem Touchscreen verfügt der Smart über sehr angenehm zu bedienende, hochwertige Drucktasten.
Die Menüführung über das Hauptdisplay wirkt insgesamt etwas zu verschachtelt. Wichtige Menüs mit Fahreinstellungen sind ohne erkennbare Struktur unterteilt und an verschiedenen Orten im System zu finden. Der sehr aufdringliche Geschwindigkeits-Warnton lässt sich nur über zu große Umwege ausschalten, statt wie bei anderen Fahrzeugen über einen simplen Tastendruck. Sowas ist im Alltag mit dem #3 ziemlich belastend.
Um auf direkterem Wege Einstellungen vorzunehmen, verfügt der #3 über eine Sprachsteuerung. Will man diese nutzen, wird man bei jeder neuen Fahrt gefragt, ob man der hauseigenen Datenschutzerklärung zustimmt. Das kann nicht im Sinne eines durchschnittlichen Autofahrers sein.
Smart Pilot Assist mit einem großen Manko
Der #3 verfügt ab der Ausstattungslinie Pro+ über den Smart Pilot Assist. Dieses System hält insbesondere auf Autobahnen zuverlässig die Spur und über einen adaptiven Tempomat auch die Geschwindigkeit. Die integrierte Schildererkennung funktioniert zwar ebenfalls einwandfrei, anders als bei anderen Fahrzeugen wird das Tempolimit aber erst nach dem Schild angepasst – und somit zu spät.
Einen Spurwechsel auf der Autobahn kann der #3 mit Smart Pilot Assist nicht durchführen, hier ist der Eingriff des Fahrers gefragt. Sobald der Blinker angetippt wird, schaltet sich das Spurhaltesystem temporär aus und der Fahrer hat Zeit, das Fahrzeug in die neue Spur zu lenken. Viel Zeit hat er dabei aber nicht: Wird die Spur nicht gerade im Stile von „Fast & Furious“ gewechselt, versucht der #3 viel zu aggressiv, wieder in die ursprüngliche Spur zu wechseln. Hier sind feuchte Hände beim Fahrer an der Tagesordnung.
- Bild: TechnikNews
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Nicht wenige Hersteller müssen an einer automatischen Routenplanung mit Ladesäulen arbeiten – Smart gehört auch dazu. Zwar fügt das Navigationssystem Ladesäulen bei Bedarf hinzu, es gibt aber keine Möglichkeit, bestimmte Anbieter auszuwählen, bei denen man bevorzugt laden möchte. Des Weiteren werden Ladesäulen schon viel zu früh angesteuert, wenn der Akku noch zu 30 % geladen ist. Fährt man dann einfach an der Ladestation vorbei, wird der Smart bockig und fügt einfach keine neue Ladestation hinzu – obwohl er jetzt erst Recht eine suchen müsste.
Wichtige Infos wie Wegpunkte entlang der Route, oder auch die erwartete Batterieladung bei Ankunft am Ziel, fehlen dem #3. Stattdessen weist der #3 den Fahrer auf der Autobahn bei ausnahmslos jeder Abfahrt darauf hin, dass er hier nun bitte nicht abfahren soll. Die visuelle Darstellung unterscheidet sich von der gegenteiligen Anweisung, die nächste Ausfahrt zu nehmen, so gut wie gar nicht, was den Fahrer ziemlich verwirrt. Da keine Wegpunkte zu sehen sind, kann der Fahrer auch nicht erkennen, wann denn nun die richtige Abfahrt kommt, und muss sich bei jeder Abfahrt aufs neue überraschen lassen, ob er nun vorbeifahren oder abfahren soll. Das lässt mich doch sehr erstaunt zurück – hier herrscht dringender Handlungsbedarf vonseiten Smart.
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Leistungsdaten und Fahrkomfort
Smart stattet den #3 Premium mit Heckantrieb und starken 200 kW / 272 PS aus – bereits in dieser Version ist Fahrspaß garantiert. Wem das noch nicht reicht, der muss zur 428 PS starken Brabus-Version des #3 greifen. Auch an AC-Ladestationen und Wallboxen trägt der #3 dick auf: Hier gibt es in der Premium-Ausstattung starke 22 kW Ladeleistung.
Weniger überzeugt der #3 an der Schnellladesäule. 150 kW maximale Ladeleistung ist zwar in Ordnung, die Ladekurve könnte aber besser sein. Hier zeigt Smart ganz aktuell mit dem neuen #5, dass es auch anders geht.
Je nach aktueller Laune des Fahrers lassen sich verschiedene Fahrmodi einstellen. Bei jedem dieser Modi ist das Gaspedal allerdings sehr empfindlich abgestimmt, auch im Komfort-Modus. Dafür verfügt der #3 über eine sehr ordentliche Rekuperation, die eine starke Verzögerung ohne Bremsen ermöglicht.
Der Reichweitentest hat dem #3 wegen winterlichen 3 Grad plus einiges abverlangt, dennoch hat er sich auf der Teststrecke gut geschlagen. Bei Tempo 90 km/h kommt der Smart auf einen Verbrauch von 181 Wh/km, bei Tempo 120 km/h auf 224 Wh/km. Bei einer nutzbaren Batteriekapazität von 62 kWh errechnen sich daraus 343 bzw. 277 km Winterreichweite.